Blick in die Welt des Theaters
von Kathrin Kesseler
Am 16. Mai erlebten drei Kurse unserer Schule eine besondere Theateraufführung im Jungen Schlosstheater Neuwied: „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“, geschrieben von Jens Raschke.
Das Stück spielt in einem Zoo, der direkt neben einem Lager liegt – einem Ort, an dem die ‚Gestiefelten‘ brutal über die ‚Gestreiften‘ herrschen. Die Perspektive der Tiere, die auf das Geschehen jenseits ihres Geheges blicken, eröffnet eine tiefgründige und oft erschütternde Sicht auf Ungerechtigkeit und Gewalt. Die Zootiere, jedes mit seiner eigenen Sichtweise und Reaktion, spiegeln die Vielfalt menschlicher Reaktionen auf Unterdrückung und Leid wider.
Die zentrale Frage des Stückes, was wir tun, wenn wir auf die andere Seite des Zauns schauen und dort Unrecht bemerken, wurde intensiv im Anschluss an die Vorstellung diskutiert. Sollen wir hinsehen und handeln wie der Bär oder wegschauen wie der Pavian?
Im Anschluss an das neunzigminütige Stück und den Austausch mit den SchauspielerInnen kam der Leistungskurs Deutsch von Frau Kesseler noch in den Genuss eines Theaterworkshops.
Unter der Leitung der Kultur- und Theaterpädagogin Sabine Parker durften die 16 SchülerInnen theaterpraktische Erfahrungen sammeln und dabei selbst in die Rolle des Bärs oder Papa-Pavians schlüpfen. Die erste Übung kostete dabei zunächst einmal ein wenig Überwindung – schließlich galt es, typische Charaktereigenschaften der im Stück dargestellten Tiere mittels Körperhaltung zum Ausdruck zu bringen. Frau Parker ermutigte die TeilnehmerInnen: „Es gibt hier kein richtig oder falsch. Ihr zeigt, was ihr wahrgenommen habt und das ist immer richtig.“ Wie die Profis nach der Aufführung, streiften auch die OberstufenschülerInnen nach dem tierischen Gang durch den Proberaum ihre Rollen wortwörtlich ab. Dieses Ritual sei wichtig, um zurück ins Hier und Jetzt zu finden, so Parker.
Welche Wirkung das gesprochene Wort haben kann, zeigte sich in der nächsten Übung. Hier wurden in kleinen Teams Zitate des Stückes aufgegriffen und inszeniert. Tonlage, Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit wurden je nach Rolle angepasst. Und weil manches eben nicht so richtig passte, wurden kurzerhand ganz selbstbewusst auch Textpassagen des Theaterstückes umgeschrieben.
Apropos Selbstbewusstsein: Sich seiner selbst und der eigenen Einstellung bewusst zu sein und dafür – ganz wie der kleine Bär – auch einzutreten, könne entgegen aller Widrigkeiten auch eingeübt werden. Dazu müsse man das Denken zum Handeln machen und dieses immer wieder trainieren, gab Frau Parker den SchülerInnen zum Abschluss noch mit auf den Weg.
Die Reaktionen zeigen, wie positiv diese Erfahrung war: Eine Schülerin fand, „dass uns ein guter Einblick in die Theaterwelt gegeben wurde. Die Übungen waren nicht zu komplex, aber dennoch abwechselnd gewählt.“ „Auch fand ich die Message, die uns am Ende mitgegeben wurde, sehr wichtig.“ (Lorena)